
Herzschlagfinale der Rallycross-WM auf dem Nürburgring – Zum Abschied der benzinangetriebenen WorldRX Supercars sichert sich Johan Kristoffersson abermals den Titel in der höchsten Rallycross-Klasse – Timmy Hansen muss sich punktgleich mit dem Vizetitel zufriedengeben – Erfolgreiches Debüt des Nürburgring im Kalender der WorldRX
WorldRX 2021 – Das Ende einer Ära
Nach zahlreichen Verschiebungen und Absagen in der Vergangenheit fand sich die Elite der Rallycross-WM am letzten Novemberwochenende endlich doch noch zum Stelldichein auf dem Nürburgring in der Eifel ein, und das gleich mit einem „Double-Header“, also zwei WM-Läufen. Es war der Abschluss einer Saison, die zwar nur wenig Teilnehmer an den Start brachte, aber doch ab und an immer noch den richtig guten Sport bieten konnte, den man in den letzten Jahren von der Rallycross-Weltmeisterschaft gewohnt war.
Startschuss der WorldRX-Saison 2021 war erst Ende Juli in Barcelona, über die Rallycross-Klassiker in Höljes/Schweden und Lohéac/Frankreich ging es nach Riga zum ersten Double-Header, danach standen noch die WM-Läufe in Spa/Belgien und Montalegre/Portugal auf dem Programm, bevor die benzinangetriebenen Supercars in der Eifel jetzt ihren letzten großen Auftritt hatten. Ab 2022 vollzieht die WorldRX den großen Elektro-Umschwung, 14 Autos sollen dann in der nächsten Saison ohne den charakteristischen Sound der letzten Jahre an den Start gehen, wie das aussehen bzw. sich anhören könnte, hat die Nachwuchsklasse der RX2e dieses Jahr bereits gezeigt.
Die klassischen Supercars boten von 2014 an feinsten Sport, harte Zweikämpfe und atemberaubende Rennen, ja und auch der Sound gehörte halt immer mit dazu. Daran wird sich die WM im nächsten Jahr messen lassen müssen, ich für meinen Teil werde mir die Entwicklung weiter anschauen, ob es einem dann so zusagt, wie die letzten Jahre, bleibt abzuwarten. Die RX2e-Boliden boten durchaus schon tolle Rennen in diesem Jahr, aber mir persönlich war das „Elektro-Säuseln“ auf einer Rallycrosspiste doch irgendwie befremdlich.
Wie ihr sicherlich auch gemerkt habt, ist es in letzter Zeit sehr ruhig im Blog geworden, das hängt einerseits mit fehlender Zeit zusammen und auch die Pandemie hat ihren Anteil daran. Vieles wurde abgesagt und nachdem die ersten Veranstaltungen wieder am Start waren, war es insbesondere auch im Rallycross-Bereich ungleich schwerer, als Blogger wieder in Sachen Berichterstattung Fuß zu fassen, daher bot sich mir auch keine Möglichkeit, die WorldRX vor Ort zu besuchen. Dennoch möchte ich heute an dieser Stelle einen kurzen Blick auf die Saison 2021 zurückwerfen, denn zumindest gesehen habe ich die komplette Saison, auch wenn leider die Variante mittles kostenlosen Stream nach dem Wechsel des Promoters der WorldRX ins Wasser fiel.

Johann Kristoffersson – WorldRX-Titel Nr. 4
Am Ende ist es – wieder mal möchte man schreiben – Johan Kristoffersson, der ganz oben steht. Auf dem Nürburgring konnte sich der Schwede seinen 4. Titel in der Rallycross-Weltmeisterschaft sichern. Nach 2 Titeln im werksunterstützten VW Polo folgte ein Jahr Pause, danach fuhr er 2020 im eigenen Team zum dritten WM-Titel. Kurz vor Nennschluss für die Saison 2021 taucht er dann auch wieder in der Starterliste auf, diesmal allerdings im Audi S1 Supercar, eingesetzt vom KYB EKS JC-Team. Früher sahen die Audi S1 zu oft nur das Heck von Kristofferssons Supercar, damit sich das änderte, setzte man ihn nun kurzerhand hinter das Steuer eines der von EKS entwickelten Supercars und man sollte nicht enttäuscht werden.

Doch der Saisonstart und das erste Saisondrittel verlief für die neue Kombination nicht gerade glücklich. Hier ein schleichender Plattfuß, dort ein technischer Defekt, ein ums andere Mal musste Kristoffersson in aussichtsreicher Position die Segel unverschuldet streichen, dabei zeigte er ständig, dass er in Sachen reiner Speed immer noch der Maßstab war, doch nach Platz 3 zum Saisonauftakt fehlte der Audi S1 in den nächsten beiden Events im Finale, ein wenig Glück gehört im Rallycross-Sport halt auch dazu und das hatte den Schweden anscheinend verlassen.
Doch Aufgeben ist für einen der Besten seines Fachs keine Option, er gewann einen der beiden Läufe in Lettland und auch in Spa und schon mischte er wieder oben mit. In Montalegre kämpfte Kristoffersson bärenstark, bekam für eines seiner Manöver aber eine 5-Sekunden-Strafe aufgebrummt und verlor wieder leicht an Boden. So war es Timmy Hansen, der mit einem 17-Punkte Vorsprung an den Nürburgring reiste und fast schon wieder der sichere Champion aussah. Dazu kam für Kristoffersson die Problematik, dass es einfach zu wenige Piloten gab, die den Hansens beständig Punkte wegnehmen konnten. Einzig Niclas Grönholm war solch ein Kandidat, doch auch beim Finnen lief nicht immer alles rund. Enzo Ide, Teamkollege von Kristoffersson, konnte auch nur wenig helfen, war dafür aber zum Saisonfinale auf dem Nürburgring überraschend gut bei der Musik.

Timmy Hansen – Bittere Niederlage
Als es letztlich darauf ankam, lieferte der Schwede natürlich ab, wie man es von ihn aus der Vergangenheit kennt. Sieg am Samstag und Top-Qualifier am Sonntag. Timmy Hansen zeigte Nerven, übertrieb es am Start ein ums andere Mal und kassierte dafür insgesamt zwei Strafen, so war sein Vorsprung vor dem aller letzten Lauf nur noch hauchdünn. Sein Bruder Kevin lag zwar im Finale dann nach dem Start vor Kristoffersson und versuchte alles, um den Kontrahenten ein wenig einzubremsen, so dass Timmy aufsschließen konnte, doch der Plan ging auf der kurzen Rallycross-Variante des Nürburgrings nicht auf.
Niclas Grönholm bekam dadurch freie Fahrt und konnte sich nach seiner Joker Lap über die Führung freuen und den letzten Supercar-Sieg nach Hause fahren. Johan Kristoffersson kam auf Rang 3 ins Ziel, damit hieß es am Ende im Duell gegen Timmy Hansen 217:217 , Kristoffersson hatte durch den Nürburgring-Samstags-Erfolg allerdings einen Laufsieg mehr zu verzeichnen, das Ergebnis: Titel Nr. 4.
Johan Kristoffersson war auch 2021 der Mann, den es zu schlagen galt, das hat am Ende abermals keiner geschafft. Timmy Hansen stand sich beim Finale ein wenig selber im Weg und konnte seinen zweiten Titel nach 2019 nicht erringen, das wird ihn sicherlich mehr als ein wenig ärgern, denn im Titelkampf konnte er so Kristoffersson noch nie schlagen, der war bekanntermaßen 2019 nicht am Start.

WorldRX 2021 – kleines Feld, guter Rallycross-Sport
Gerade einmal 6 Piloten sind in der Gesamtwertung der Rallycross-WM gelistet, die in jedem Lauf der Saison 2021 Punkte gesammelt haben, der Rest fuhr keine vollständige Saison oder es handelte sich nur um einzelne Gasstarts. So waren es meist 4 Piloten, die im Fokus des Geschehens standen. Timmy und Kevin Hansen, Johann Kristoffersson und Niclas Grönholm. Enzo Ide als Teamkollege von Kristoffersson und der Ungar Krisztián Szabo im zweiten Hyundai von GRX reihten sich dahinter ein.
Timo Scheider war immerhin bei 4 Events mit am Start und konnte hier gute Leistungen zeigen, ansonsten waren es ab und an einige Gaststarter, die ein wenig Farbe ins Feld brachten, meist mit den vorderen Rängen aber nichts zu tun hatten. Einzig Mattias Ekström ließ in Riga mit gutem Speed aufhorchen und auch der Niederländer Kevin Abbring zeigte im Renault Megane Supercar von GCK stets gute Leistungen, wurde aber unverschuldet nicht belohnt. Richtig spannend wurde es aber meist nur zwischen den genannten Top 4 und auch die Semifinalteilnahme stand bei keinem Event für die Teilnehmer zur Debatte, das war in den vorherigen Jahren natürlich schon ganz anders. Tiefpunkt in diesem Sinne war das Event in Montalegre, der klassische Rallycross-Kurs in Portugal.

Nur 7 WorldRX-Supercars fanden sich hier ein, dabei mit dem Ford Fiesta des Iren Oliver O’Donovan ein Bolide, der mit den anderen 6 in keiner Weise mithalten konnte. So wurde fast jeder Qualifying-Durchgang zu einem vorgezogenen Finale der Top-Piloten. Durchaus war aber selbst dieser zahlenmäßig sehr schwache WorldRX-Auftritt dank Johan Kristoffersson noch mit tollen Manövern gespickt, auch wenn das Event mangels Anzahl insgesamt sehr zäh blieb. Auf dem Nürburgring konnte immerhin Volland Racing mit dem Super1600er-Champion der Saison 2021, Yury Belevskiy, noch eine Überraschung liefern – der fuhr bei seinem WorldRX-Debüt direkt aufs Podium.
Die Siege gingen 2021 an Kevin Hansen (Barcelona), Niclas Grönholm (Riga 1,Montalegre, Nürburgring 2), Timmy Hansen (Höljes, Lohéac) und Johan Kristoffersson (Riga 2, Spa, Nürburgring 1). Timmy Hansen hatte vor dem Nürburgring schon die Hand am Titel, doch die Eifel erwischte den 2019er Champion im wahrtsen Sinne des Wortes eiskalt, das WorldRX-Finale war für den ältern der beiden Hansen-Brüder eine bitter Niederlage. Mit Johan Kristoffersson als viermaliger Champion endet eine grandiose Äre der Supercars, warten wir ab, was uns die elektrische Zukunft in Sachen Rallycross ab 2022 bringt. In diesem Sinne, bleibt gesund und Keep Rallying!
Rallycross-WM WorldRX 2021 Endstand – Fahrer
Pos. | Name | Punkte |
1 | Johan Kristoffersson | 217 |
2 | Timmy Hansen | 217 |
3 | Niclas Grönholm | 197 |
4 | Kevin Hansen | 191 |
5 | Krisztián Szabo | 162 |
6 | Enzo Die | 125 |
7 | Kevin Abbring | 97 |
8 | Timo Scheider | 75 |
9 | Joiha Rytkönen | 52 |
10 | Mattias Ekström | 37 |
11 | Oliver O´Donovan | 37 |
12 | Yury Belevskiy | 36 |
13 | Anton Marklund | 33 |
14 | Guerlain Chicherit | 27 |
15 | Tamás Kárai | 25 |
16 | Davy Jeanney | 20 |
17 | Hervé Knapick | 18 |
18 | René Münnich | 16 |
19 | Stefan Kristensen | 14 |
20 | Attila Mozer | 13 |
21 | Peter Hedström | 11 |
22 | Oliver Bennett | 8 |
23 | Dan Öberg | 7 |
24 | Mandie August | 4 |
25 | Patrick Guillerme | 2 |
Rallycross-WM WorldRX 2021 Endstand – Teams
Pos. | Team | Punkte |
1 | Hansen WorldRX Team | 408 |
2 | GRX-SET World RX Team | 359 |
3 | KYB EKS JC | 342 |